In diesem Artikel klärt unser Gastautor Maximilian von hellotax Onlinehändler über die Umsatzsteuer auf:
Ein oft leidiges Thema und doch führt kein Weg daran vorbei: die Rede ist von der Umsatzsteuer. Vor allem im Onlinehandel gibt es dazu innerhalb der EU eine Vielzahl von Vorgaben und Regelungen. Auf was Onlinehändler genau achten sollten, welche Pflichten sie haben und wie sie die Umsatzsteuer automatisieren können, all das erfährst du in diesem Artikel.
Was ist die Umsatzsteuer?
Die Umsatzsteuer ist eine europaweite Verbrauchsteuer, die auf den Wert aller Waren und Dienstleistungen in der EU erhoben wird. Da diese Steuer in der Regel Teil des Kaufpreises ist, wird sie vom Endverbraucher bezahlt – deswegen Verbrauchssteuer. Es gibt allerdings auch Fälle, wo die Umsatzsteuer keine Anwendung findet.
Unternehmen/Onlinehändler müssen die Umsatzsteuer auf den Wert ihrer Waren und Dienstleistungen aufschlagen. Die erhobene Steuer muss dann an das Finanzamt in Form einer Umsatzsteuervoranmeldung abgegeben werden (monatlich oder vierteljährlich). Am Ende des Jahres ist zusätzlich noch eine Umsatzsteuerjahreserklärung abzugeben.
Alle Mitgliedsstaaten der EU haben ihre eigenen Richtlinien und Umsatzsteuersätze. Daher eines vorweg: Wenn du in mehreren EU-Ländern umsatzsteuerpflichtig bist, ist es empfehlenswert, sich an einen Experten zu wenden und möglichst viele der anfallenden Prozesse auszulagern.
Umsatzsteuersätze in Deutschland
In Deutschland gibt es 2 (bzw. 3) Umsatzsteuersätze, die je nach Produktkategorie und Art des Unternehmens Anwendung finden.
1. Steuersatz von 0% (Nullsatz)
0% Umsatzsteuer verrechnen zum Beispiel Kleinunternehmer, die von der Umsatzsteuer befreit sind. Eine Umsatzsteuer-Registrierung ist aber trotzdem notwendig.
Von der Umsatzsteuer befreit sind auch innergemeinschaftliche Lieferungen innerhalb der EU, hier greift nämlich das sog. Reverse-Charge-Verfahren.
Außerdem sind bestimmte wissenschaftliche Leistungen, kulturelle und sportliche Veranstaltungen, bestimmte Vermittlungsleistungen und medizinische und pflegerische Leistungen oft von der Umsatzsteuer befreit. Es empfiehlt sich allerdings sehr, das von Fall zu Fall zu überprüfen.
2. Steuersatz von 7%
Der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7% findet bei einer Reihe von Produkten Anwendung, vor allem, wenn diese einen sozialen oder kulturellen Wert haben.
Dazu gehören zum Beispiel: Lebensmittel und Getränke, medizinische Geräte für Menschen mit Behinderung, innergemeinschaftliche und internationale Personenbeförderung (Achtung: Im Flugverkehr wird wohl bald die Umsatzsteuer erhöht), Bücher, Zeitungen, Hotelunterkünfte, Brennholz, soziale Dienste, Essen To-Go, Schnittblumen, Silber(barren) und manche Schmuckstücke.
3. Steuersatz von 19%
Der standardmäßige Steuersatz von 19% findet in Deutschland mit Abstand am öftesten Anwendung. Prinzipiell werden so gut wie alle steuerpflichtigen Waren und Dienstleistungen, die nicht in den Punkten 1. und 2. genannt wurden, mit diesem Steuersatz versehen.
Wer ist umsatzsteuerpflichtig?
Grundsätzlich ist jeder umsatzsteuerpflichtig, der Waren oder Dienstleistungen verkauft.
Ausnahmen:
- Kleinunternehmer: Diese sind von der Umsatzsteuer befreit (was jedoch nicht bedeutet, dass keine Umsatzsteuer-Registrierung notwendig ist!), wenn der Vorjahresumsatz nicht höher als 17.500€ gewesen ist und davon ausgegangen werden kann, dass im laufenden Kalenderjahr 50.000€ Umsatz nicht überstiegen werden. Diese Zahlen gelten für Kleinunternehmer in Deutschland, in anderen EU-Ländern variieren die Richtwerte.
- Händler und Dienstleister, die ausschließlich national Handel betreiben und Leistungen erbringen, sind zwar schon umsatzsteuerpflichtig, müssen sich aber nicht unbedingt um eine Umsatzsteuer-ID kümmern. In der Rechnung kann dann anstelle der USt.-IdNr. auch die eigene Steuernummer angegeben werden.
Wann muss ein Onlinehändler die Umsatzsteuer abführen?
Wie bereits angedeutet, sind eigentlich so gut wie alle Onlinehändler umsatzsteuerpflichtig. Denn wer Produkte oder Dienstleistungen verkauft, der muss sich umsatzsteuerlich registrieren, um als Akteur auf dem europäischen Markt identifizierbar zu sein.
Wenn du außer im Land deines Firmensitzes auch noch in einem anderen EU-Land tätig bist, musst du unter Umständen auch in diesem eine Umsatzsteuernummer registrieren. Dieser Fall trifft ein, wenn du Ware in diesem Land lagerst und/oder die Lieferschwelle erreichst.
1. Lagerung von Ware führt zur Umsatzsteuerpflicht
Wenn du als Onlinehändler Waren in einem EU-Land lagerst, musst du dich in diesem steuerlich registrieren. Wenn du zum Beispiel mit einem Amazon FBA Service deine Ware vertreibst und die Warenlager von Amazon nutzt, musst du dich im Land des Warenlagers registrieren.
2. Erreichen der Lieferschwelle führt zur Umsatzsteuerpflicht
Neben der Lagerung gibt es für Onlinehändler vor allem noch eine Sache zu beachten: die jährlichen Lieferschwellen für den Versandhandel.
Wenn du von dem EU-Land, in dem deine Ware gelagert wird, in ein anderes EU-Land lieferst, solltest du unbedingt den Wert deiner Lieferungen innerhalb eines Kalenderjahres im Auge behalten. Jeder EU-Mitgliedstaat hat seine eigene sog. Lieferschwelle. Wird diese erreicht, muss sich der Onlinehändler zwingend in diesem Einfuhrland registrieren – zusätzlich zu dem Land, aus dem die Ware versendet wurde.
Achtung: Ab 2021 ist eine EU-weit einheitliche Lieferschwelle von 10.000€ geplant. Über die konkrete Umsetzung sind leider derzeit noch zu wenige Informationen vorhanden. Es gilt abzuwarten, wie sich die Debatte im Laufe des Jahres entwickeln wird.
Registrierungen bedeuten fortlaufende Aufgaben
Ist die Registrierung einmal abgeschlossen, ist leider noch lange nicht alles erledigt. Im Gegenteil. Wenn du in einem (oder in mehreren) Ländern umsatzsteuerlich registriert bist, musst du dich in Zukunft auch um einige damit verbundene Aufgaben kümmern. Diese umfassen u. a. Voranmeldungen, zusammenfassende Meldungen, Berichte über die Warenbewegung und noch einiges mehr. Hier ein kleiner Überblick:
Zusammenfassende Meldung
Die zusammenfassende Meldung muss beim Bundeszentralamt für Steuern (bzw. beim zuständigen Finanzamt) eingereicht werden, um Aufschluss über Waren und Dienstleistungen zu geben, die von einem EU-Land in ein anderes verkauft wurden.
Intrastat
Der Intrastat-Bericht gibt Aufschluss über den Warenverkehr zwischen Mitgliedstaaten der EU und muss monatlich eingereicht werden.
Umsatzsteuervoranmeldung
Umsatzsteuervoranmeldungen müssen von Unternehmern monatlich oder vierteljährlich abgegeben werden. Durch diese wird eine bereits entstandene Umsatzsteuer beim Finanzamt gemeldet und abgeführt/ein Überschuss erstattet.
Länderspezifische Berichte
Neben den bereits erwähnten Berichten gibt es oft auch noch länderspezifische Formulare und Dokumente, die es regelmäßig einzureichen gilt, beispielsweise die Standard Audit File – Tax (SAF-T) in Frankreich, Luxemburg, Norwegen, Österreich und Portugal.
Wie kann ich als Onlinehändler meine Umsatzsteuer automatisieren?
Da in jedem Land verschiedenste Regelungen Anwendung finden, unterschiedliche Berichte abgegeben werden müssen und die notwendigen Dokumente leider immer noch oft nur in der Landessprache verfügbar sind, empfehlen wir dir, deine umsatzsteuerlichen Aufgaben auszulagern.
Das klingt zunächst nicht unbedingt nach Automatisierung, aber aufgrund der Vielzahl von Vorgaben, Regularien und landesspezifischen Eigenheiten ist genau das durchaus sinnvoll. Die steuerlichen Aufgaben sind mit zunehmendem Unternehmenswachstum und für Händler, die in mehr als einem Land aktiv sind, auf Dauer kaum selbst tragbar.
Da diese Problematik keine neue ist, gibt es viele Online-Steuerberater, die sich mit diesem Thema befassen und darüber hinaus Tools anbieten, um langfristig Steuerkonformität in allen Ländern zu gewährleisten. Unterstützung bietet auch eine Umsatzsteuer Software, die Lieferschwellen, Warenlagerung, Warenbewegung, etc. erfasst, überwacht und dich benachrichtigt, sobald etwas erledigt werden muss.
Über unseren Gastautor von hellotax
Maximilian arbeitet als Content Marketing Manager und Online-Redakteur bei hellotax. Er hilft Amazon- und anderen Onlinehändlern sich in der Welt des E-Commerce zurechtzufinden und informiert laufend über Updates und Neuerungen – vor allem wenn es um die Umsatzsteuer geht.
Kommentare