Trojanisches Marketing als ideales Instrument für EPU und KMU

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Marketing-Experte Roman Anlanger erzählt im Interview, wie Kleinunternehmer mit wenig Geld maximale Werbewirksamkeit erzielen können. Dazu gibt er einen Einblick in die Praxis des Trojanischen Marketings – von fliegenden Lego-Männchen bis hin zur komplexen Welt der Körbchengrößen.

Herr Anlanger, erkennen Sie seit Ihrem Bestseller “Trojanisches Marketing” vom Jahr 2008 mehr und mehr Trojanische Pferde am Markt?

Ja, ein schönes Beispiel ist Trojanisches Marketing mit Vorlagen, also Dinge oder Leistungen, die sich im episodischen Gedächtnis verankern. Es geht immer darum, das episodische Gedächtnis anzuzapfen, weil dort die Erinnerungen langfristig gespeichert werden. Es gibt ja kurzfristig toll inszenierte Sachen wie den Stratos Sprung von Felix Baumgartner, der über Nacht zur Ikone geworden ist. Man kann so ein mediales Großereignis für sein Trojanisches Pferd nützen, wie zum Beispiel der Stratos Sprung mit Legofiguren für die Wiener Modellbaumesse Wien. Das war ein perfektes Trojanisches Marketing und zugleich das erfolgreichste virale Video Österreichs mit neun Millionen Klicks. Die ganze Aktion hat nur 1200 Euro gekostet. Man kann einen Hype für eine gewisse Zeit als Vorlage verwenden. Das eignet sich sehr gut für EPU und KMU. Was ich seit dem ersten Buch auch festgestellt habe: Eine Fibel bzw. Ratgeber zu schreiben ist ein super Instrument, um neue Kunden zu gewinnen.

Wie kann ein Ratgeber das Trojanische Pferd ins Rollen bringen?

Wir haben zum Beispiel eine Aktion mit einer Wiener Zahnärztin gemacht, die gerade Ihre Praxis im 11. Bezirk eröffnet hat. Wir haben den Guide “Perfekte Zähne von A bis Z” herausgegeben. Diese Art und Weise des Trojanischen Marketings nennen wir “Adressbeschaffungs-Pferd”, um neue Kunden zu gewinnen. Wichtig bei einem Ratgeber ist, dass keine Werbung enthalten ist. Wir haben für den Guide einen Kooperationspartner gesucht und eine umliegende Apotheke gefunden, die den Ratgeber verteilt hat. Die Fibel als Trojanisches Pferd hat eingeschlagen wie eine Bombe, denn jeder möchte schöne Zähne haben und die Patienten kamen ganz von alleine. Das können Steuerberater und Rechtsanwälte auch machen, zum Beispiel “Steuersparen für KMU” oder “Abgemahnt: der legale Rahmen von Werbekampagnen”.
Triumph hat auch eine trojanische Aktion ins Leben gerufen, um Männer ins Geschäft zu locken. Sie haben den Ratgeber “A, B, C, D, U: Ratgeber für Dessous” publiziert, indem Männer erfahren, wie man die Körbchengröße der Frau herausbekommt. Das war ein großer Erfolg!

Marketing-Experte oder jemand aus der Kreativ-Branche? Wen würden Sie für ein Trojanisches Pferd konsultieren?

Man sollte einen Marketingberater aufsuchen, der ein umfassendes Wissen rund um die Kundenkommunikation hat. Unternehmer, die sich nicht mit Steuern auskennen, gehen ja auch zum Steuerberater. Nur in diesem Bereich möchten die meisten Geld sparen.
Vorsicht vor den selbsternannten Social Media Beratern, die wie Schwammerl aus dem Boden sprießen. Denn die haben oft keine ganzheitliche Marketing-Ausbildung genossen, das hat nicht Hand und Fuß.
Viele Kampagnen scheitern, weil nicht an die Motivstruktur des Menschen appelliert wird – der Trojanische Pfeil muss das Kundenherz erobern. Wenn der Vermarkter den Pfeil abschießt, muss er das Herz des Kunden treffen, sonst wird die Botschaft nicht wahrgenommen. Bei 7000 – 8000 Werbebotschaften, die wir täglich sehen, merken wir uns nur die Guten.
Ein Autohaus hat beispielsweise eine tolle Kundenaktion gestartet: Sie haben sich ein Mailing einfallen lassen, das wie ein alter Lohnzettel aussah, mit folgenden Zeilen vermerkt “Steuersparen mit Ihrem Geld” – das öffnet natürlich jeder!
Eine andere Erfolgsgeschichte: Der Verbund wollte neue Kunden gewinnen und hat in Kooperation mit der österreichischen Post AG ein Mailing versendet, dessen Umschlag eine Ähnlichkeit mit einem RSA Brief hatte. Das war das erfolgreichste Mailing der Post AG!
Wenn die Aktionen psychologisch gut durchdacht sind, kann man hier sehr viel erreichen. Wichtig ist, dass man die Zielgruppe kennt und analysiert, erst dann kann man das Trojanische Pferd konzipieren.

Ein Trojanisches Pferd zu entwickeln ist ein Ansatz, der mehrere Disziplinen beinhaltet. In welchem Bereich soll man als Kleinunternehmer beginnen, seinen Trojaner zu zäumen?

Genau, das Trojanische Pferd ist ein interdisziplinärer Ansatz. Es fasst Fuß auf den Neurowissenschaften, Psychologie, Naturwissenschaften usw. damit etwas Ganzheitliches konzipiert wird. Da kann ich einfach unser Buch empfehlen, das leicht leserlich gestaltet und umfassend aufgebaut ist. Es gibt Vorgehensweisen und Checklisten zum Abarbeiten, die sollten EPU und KMU bei der Umsetzung eines Trojanisches Pferdes unterstützen.

Sollte das Trojanische Pferd in Richtung Offline- oder Online-Welt entsandt werden?

Man braucht für seine eigene Branche einen gesunden Mix aus Vertriebskanälen, da gehört Social Media natürlich dazu. Alleine auf Social Media verlassen würde ich mich aber nicht, man braucht immer mehr Standbeine.
Ein schönes passendes Beispiel: Die österreichische Spedition Unit Cargo wollte neue Kunden haben. Wir haben im Xing eine eigene Community aufgebaut. Die Trojanische Strategie war hier der Aufbau des Logistik-Wissensportals “Form Logistic Intelligence”, bei dem Themen rund um Logistik behandelt werden. Die Community lädt man auch bei offline Veranstaltungen ein und so kamen sie zu neuen, relevanten Kunden.
Die meisten Leute verstehen nicht, was bei Social Media dahintersteckt, nämlich das Wort “social” man darf die Kanäle nicht als reine Distributionskanäle sehen – man muss die Vernetzung der User vorantreiben.

Ein selbstständiger Fotograf möchte ein Trojanisches Pferd losschicken. Wie könnte er die Mission erfolgreich realisieren?

Ein Fotograf könnte einen kostenlosen Guide herausbringen, der Hobbyfotografen Tipps gibt, was sie besser machen können. Zum aktuellen Trend der neuen Smartphone Generation, die schon 10 Megapixel haben, könnt man anknüpfen, indem man einen Guide für die schönsten Urlaubsfotos anbietet. Oder ich engagiere mich kostenlos in sozialen Vereinen und fotografiere bei Events und Veranstaltungen. Das ist zwar nicht Trojanisch, aber dort lernt man interessante Leute und potentielle KundInnen kennen.

Wie können Selbstständige Ihre entwickelte DAWOS Strategie umsetzen?

Die DAWOS Strategie kommt von einem Arzt: Man sollte dort agieren, “da wo’s” wehtut. Dort, wo sich die Kunden aufhalten, dort muss ich Aktionen machen. Zum Beispiel wurde einem hochwertigen Reiseunternehmer das Leben durch Billiganbieter schwer gemacht. Er hat sich etwas Besonderes einfallen lassen: Er ging bewusst in Kurzentren rein, da die Kundschaft, die sich eine Kur leisten kann, meistens gut betucht ist. Das Reisebüro hat dort kostenlose Lichtbildvorträge über Laos und Kambodscha gehalten und das hat eingeschlagen wie eine Bombe. Dazu braucht man natürlich eine Strategie, wie man an die Daten der potentiellen Kunden herankommt und wie man sie daraufhin verwaltet. Die Basis erfolgreicher Kleinunternehmen ist eine funktionierende und laufend aktualisierte Datenbank, das sollte das Herzstück jedes Unternehmens sein, damit man auf kleinste Veränderungen reagieren kann. Wenn das Fundament mit der CRM-Datebank gegossen ist, kann man das Trojanische Pferd satteln!

Roman Anlanger gehört zu den führenden Marketing- und Vertriebsexperten im deutschsprachigen Raum. Er ist Studiengangsleiter für das Fachhochschulstudium „Technisches Vertriebsmanagement“ an der Fachhochschule des bfi Wien. Anlanger besitzt als Urheber die Markenrechte an „Trojanisches Marketing“ & „Trojanische Rhetorik”. Mehr Infos zum Buch von Roman Anlanger und Wolfgang A. Engel gibt es hier.

Stephanie Fischer
Stephanie Fischer
Stephanie Fischer
Stephanie betreut als Digital Marketing Expertin die Online Kommunikation von everbill. Die studierte Geisteswissenschaftlerin ist ansonsten Freelancerin und kennt die Höhenflüge - aber auch die Herausforderungen - die die Selbständigkeit mit sich bringt.

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