Oft wird leider ein elementarer Fehler begangen: Social Media Marketing wird als öffentliche Experimentierbühne interpretiert. Nicht ratsam! Der folgende Leitfaden soll Ihnen helfen eine Strategie zu entwickeln, die auch Sie als Einzelunternehmer oder KMU umsetzen können:
Waren es in der Vergangenheit noch die großen Marken und einige experimentierfreudige Jungunternehmer, so gibt es heute kaum noch Firmen, die nicht auf Facebook, Twitter und Co ihr Unwesen treiben – und das im wahrsten Sinne des Wortes. Auch traditionelle mittelständische KMU beginnen bereits ihren Marketingetat umzuschichten und investieren in eine durchdachte Social Media Strategie. Die Frage ist nicht mehr, ob man in Social Media investieren soll, sondern wie jeder Unternehmer diverse Social Media Kanäle am besten für sich nutzen kann.
In 10 Schritten zu Ihrer Social Media Strategie:
- Bestandsaufnahme: Sie und das Web 2.0
- Zuständigkeit
- Motivation
- Recherche
- Opinion Leader identifizieren
- Erzählen Sie eine Geschichte
- Wozu das Ganze?
- Shitstorm
- Ziele und Kontrolle
- Weitere Tipps
1. Bestandsaufnahme
Zuerst die gute Nachricht: Nicht jeder muss eine Facebook Page betreiben. Bevor Sie loslegen und sich auf diversen Social Media Plattformen registrieren, sollten Sie sich zunächst Ihre Firmenkommunikation ansehen und gut überlegen, ob Facebook, Twitter und Co. für Sie überhaupt Sinn machen:
- Wissen Ihre Kunden, was ein Tweet ist?
- Wie wichtig ist die Erhöhung der Markenbekanntheit?
- Ist der direkte Dialog mit dem Kunden überhaupt gewünscht?
- Wie wichtig ist die Pflege Ihrer bestehenden Kundenbeziehungen?
- Ist Ihre Zielgruppe überhaupt aktiv in den diversen Social Media Kanälen?
2. Wer erledigt die zusätzliche Arbeit?
Eine erfolgreiche Social Media Strategie erfordert Ressourcen. Nicht nur zusätzliche Arbeitsstunden fallen für Sie und Ihre Mitarbeiter an, Sie müssen sich plötzlich mit einer neuen Art der Kommunikation auseinandersetzen. Sie müssen darauf vorbereitet sein, vielleicht die Kontrolle in einem Dialog zu verlieren und plötzlich in der Öffentlichkeit Ihren Kunden Rede und Antwort zu stehen. Hierbei kann es schnell zu einem “Shitstorm” kommen. Ein Fachbegriff, der sich mittlerweile im Web 2.0 etabliert hat. Mehr zu dem Thema später in Punkt 8.
3. Motivation
Motivieren Sie Ihre Mitarbeiter. Falls Sie Einzelunternehmer sind, bitten Sie gute Freude um Hilfe, bis das Budget zur Verfügung steht. Besonders bewährt haben sich hier sogenannte “Barcamps”. Zu diesen Barcamps werden Mitarbeiter (oder Freunde) eingeladen, die schon aktiv bloggen, twittern oder in Facebook, Xing und LinkedIn aktiv sind. Die Grundfrage des Camps sollte sein, welchen Nutzen das Unternehmen aus der sozialen Kommunikation bzw. aus den sozialen Medien ziehen kann. Ganz im Stil einer klassischen UN-Konferenz sollten so wenige Vorgaben wie möglich gemacht werden. Ziel ist es herauszufinden, welche Mitarbeiter sich am besten mit den unterschiedlichen sozialen Medien identifizieren können und wo Ihre Mitarbeiter gezielt ihre Erfahrungen einbringen können. Auch wenn Barcamps in der Regel sehr locker und ungezwungen ablaufen, vergessen Sie nicht, ein paar Spielregeln im Umgang mit den Social Media Plattformen festzulegen und auch an Ihre Mitarbeiter zu kommunizieren. Begriffe wie Corporate Vision, Mission Statement und Unique Selling Proposition (USP) sollten immer einheitlich nach außen kommuniziert werden. Aber dazu später noch mehr (6.)
4. Recherche
Ehe man in diversen Netzwerken wirklich aktiv wird, sollte man vorher genau zuhören. Ein kleiner Tipp von mir: Legen Sie sich Corporate Accounts zu. Es ist nicht nur legitim, sondern auch sehr sinnvoll, durch Zuhören und Lesen ein Gefühl dafür zu bekommen, in welcher Form und Tonalität kommuniziert wird. Nachdem Sie sich einen ersten Überblick verschafft haben, sollten Sie mit dem Monitoring beginnen. Hier gibt es eine Vielzahl von Tools, das wohl bekannteste kommt natürlich aus dem Hause Google und nennt sich Google Alerts. Hier erweist es sich als sinnvoll, ein Monitoring Portal anzulegen. Ich habe für Sie diesen Blogartikel gefunden, der mithilfe des Tools NetVibes anschaulich den Nachbau eines Social Media Monitoring Dashboard aufzeigt.
5. Finden Sie die “Opinion Leader”
Meinungsführer sind wichtig für Sie und Ihre Social Media Strategie, vor allem in der Welt des Web 2.0. Sie finden Sie letztendlich nur durch intensive Recherche. Doch es gibt zahlreiche Tools, die Ihnen dabei helfen. Das zurzeit bekannteste dürfte wohl KLOUT sein. Laut netzwertig.com lässt sich die inzwischen “Quasidominanz von KLOUT als künftigen Standard der Reputationsanalyse von Personen im Netz” nicht mehr ignorieren. KLOUT misst auf Basis diverser Kennzahlen, v. a. aus Twitter und Facebook, die Relevanz einer Person und schreibt dieser dann eine Rangzahl von 1 bis 100 zu. Je höher der KLOUT-Score (ab 50 ist man schon gut dabei) desto höher der Einfluss einer Person im Netz.
6. Erzählen Sie eine Geschichte
Dialogorientiertes Publishing ist das Zauberwort. Machen Sie nicht den Fehler und posten Sie mal drauf los. Jeder Social Media Kanal benötigt seine eigene Strategie und seinen eigenen Redaktions-und Themenplan dahinter. Entwickeln Sie eine Wording-Strategie. Das “Wording” sollte Ihr Unternehmen direkt durch gezielte Aussagen darstellen und identifizierbar machen. Corporate Vision, Mission Statement, der USP (Unique Selling Proposition), sowie auch der ESP (Emotional Selling Proposition) sollte darin eine wichtige Rolle spielen. Ergänzend dazu müssen die relevanten Themen des aktuellen Zeitgesprächs erfasst werden. Über was sprechen meine Kunden? Kann ich mitreden oder besser nur zuhören? Gibt es Bereiche, wo ich Themenführerschaft beanspruchen kann?
7. Wozu das Ganze?
Generieren Sie Leads! Nicht nur für die Big Player ist Leadgenerierung ein wichtiges Ziel. Anders als im klassischen Marketing werden neue Kontakte nicht mittels harter Produkt- und Lösungsversprechen gewonnen, sondern durch den Dialog über weiche Themen. Standardmäßig könnte man die Vorgehensweise einer gut durchdachten Social Media Strategie etwa so gliedern:
- Definieren Sie Ihre Zielgruppe.
- In welchen Kanälen ist Ihre Zielgruppe aktiv?
- Analysieren Sie Gesprächsinhalte, um so zu den “Pains und Needs” Ihrer Zielgruppe zu gelangen.
- Stellen Sie einen Redaktionsplan auf, zu welchen Themen Sie versiert genug sind und Position beziehen können.
- Stellen Sie Kontakte über Kommentare und Beiträge in den relevanten sozialen Kanälen her.
- Postings und Kommentare sollten, wenn möglich, auf die eigene Webseite verweisen, im besten Fall auf eine eigene Landingpage dafür.
- Ziel ist es, alle relevanten Kontakte auf die eigene Plattform zu ziehen. Nur dann ist es wirklich möglich, aus Kontakten auch neue Kunden oder Partner zu machen.
8. Shitstorm
Ein mittlerweile etablierter Begriff und doch noch kaum beachtet. Was ist ein Shitstorm und was können Sie dagegen tun? Sie müssen sich darüber im Klaren sein: Sobald Sie aktiv auf Facebook und Co präsent sind, gibt es kein Netz oder doppelten Boden mehr. Wenn Sie Ihre Kunden verärgern, werden diese Sie das wissen lassen. In so einem Fall ist es wichtig schnell zu reagieren. Sobald sie negative Kommentare oder Beiträge auf Ihrer Seite haben, die schlecht für Ihren Ruf sind, sollten Sie versuchen, die Diskussion von dem Social Media Kanal zu einer weniger öffentlichen Plattform wie E-Mail, wegzulenken. Das Schlimmste, was Ihnen passieren kann, ist, dass ein einziger negativer Post eine Kettenreaktion auslöst, eben einen “Shitstorm” erzeugt. Sie können negative Meinungen über Ihr Unternehmen nicht einfach löschen oder ignorieren, das wäre fatal. Ein Social Media Grundprinzip ist Ehrlichkeit. Wenn Sie einen Fehler gemacht haben, stehen Sie dazu und reagieren Sie schnell.
9. Ziele und Kontrolle
Strategien wie diese müssen laufend angepasst werden. Passen Sie ihre Ziele in regelmäßigen Abständen an und definieren Sie neue konkrete Ziele. Messen Sie Ihre Erfolge. Rankingwerte von KLOUT oder Peerindex können hierbei helfen, aber auch Follower- und Friendszahlen sagen einiges über Ihren Erfolg aus. Sehen Sie sich auch genau an, wer Ihre Follower sind. Mit Hilfe von dem Tool SocialBro können Sie Ihre Twitter-Community intern bewerten und sehen, welcher Follower wirklich wertvoll für Sie ist. Auch die Generierung neuer Newsletterabonnenten aus Xing-Beziehungen kann eine Kennzahl darstellen.
10. Viel Erfolg bei der perfekten Social Media Strategie!
Zuletzt noch ein kleiner Tipp von mir: Im Zentrum des Web 2.0 sollte immer noch die gute alte Webseite und – wenn vorhanden – ein Corporate Blog stehen. Soziale Medien können “noch” nicht als vollwertiger Nachfolger des Web 1.0 gehandelt werden. Ich bemerke den Trend, dass viele kleine Firmen und Einzelunternehmer zur Gänze auf den eigenen Webauftritt verzichten und nur mehr eine Facebook-Fanpage betreiben. Davor kann ich nur warnen, was passiert, wenn Herr Zuckerberg morgen entscheidet, Firmenseiten kostenpflichtig zu machen oder durch neue Richtlinien Ihr Firmenkonzept gefährdet wird?
Wie sieht es bei Ihnen aus, betreiben Sie noch eine eigene Webseite oder vertrauen Sie darauf, dass es Facebook in dieser Form auch noch die nächsten Jahre geben wird?
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