Weshalb Ihnen die Scheinselbstständigkeit das Genick brechen könnte

Nicht selten war die Diagnose Scheinselbständigkeit Todesurteil für ein Unternehmen: Die immensen Nachzahlungen an das Finanzamt, an die Krankasse plus Säumniszuschläge, Bußgelder und Zinsen können zur Insolvenz führen, weil man seine Mitarbeiter bewusst – oder unwissentlich – im rechtsfreien Raum beschäftigt hat.

Was ist eine Scheinselbständigkeit?

“(…) von einer Scheinselbstständigkeit spricht man, wenn ein Auftragnehmer arbeitnehmergleiche Tätigkeiten weisungsgebunden ausführt und stark in die Arbeitsorganisation seines Auftraggebers integriert ist. Dann nämlich tritt er zwar als selbstständiger Unternehmer auf, ist von der Art seiner Tätigkeit aber ein Arbeitnehmer.

Das heißt, der Mitarbeiter führt in Zeit, Ort und Umfang die gleichen Tätigkeiten aus wie die festangestellten Kollegen, sodass eine abhängige Beschäftigung und somit eine persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber vorliegt (…).”(Quelle: Zeit.de)

Die zwei Arten der Scheinselbständigkeit aus Sicht der Unternehmer

1. Unwissentliche Scheinselbständigkeit

KMU müssen heutzutage flexibel sein. Da hilft bei einem großen Auftrag schnell mal ein Zeitarbeiter oder eine Honorarkraft aus, um den Engpass an Mitarbeitern auszugleichen.

Es kommt vor, dass nichts ahnende Unternehmer an Scheinfirmen herantreten, die gegen die Regeln des österreichischen Rechtsstaats wirtschaften. Dadurch, dass diese keine Steuern abführen oder ihr Personal versichern, bieten sie ihre Leistungen günstiger an als die Mitbewerber. Aber billig kann sehr teuer zu stehen kommen, weil Sie sich bei einer Zusammenarbeit unwissentlich als Komplizen machen. Verfahren wie Hinterziehung der Lohnsteuer, Sozialbetrug, Verstoß gegen das Arbeitsvertragsrechtsanpassungsgesetz, unlauterer Wettbewerb können gegen Sie eingeleitet werden.

Um rechtlich auf der sicheren Seite zu bleiben, sollte man im Zweifel über das Unternehmen oder die selbständige Person informieren und die Arbeitsverträge auf den neuesten Stand bringen.

2. Bewusste Scheinselbständigkeit

Um Personalkosten zu sparen, greifen Unternehmer schon mal lieber auf Freie Dienstnehmer zurück. Bei Freien Dienstnehmern sind somit Kündigungsschutz, Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie Krankengeld über die Vertragsfrist hinaus kein Thema mehr – der Mitarbeiter ist zwar über den Arbeitgeber versichert, aber nur so lange der Vertrag gilt. Oder es werden Mitarbeiter über einen Werkvertrag ins Boot geholt – da definiert sich das Arbeitsverhältnis über das Werk und nicht über die Dauer (wie beim freien Dienstnehmer). Der Werkvertragsnehmer ist über die SVA versichert.

Das heißt nicht, dass diese Arbeitsformen per se ausbeuterisch sind. Wenn aber die Mitarbeiter per freien Dienstvertrag, Werkvertrag oder Honorarkräfte im Unternehmen arbeiten, wie die anderen Angestellten und fest in die Strukturen und Abläufe integriert sind, spricht man von einer Scheinselbständigkeit. Die Initiative Watchlist-prekär hat sich zur Aufgabe gemacht, die groben Missstände der prekären Arbeitsverhältnisse aufzuzeigen und zu bekämpfen.

Hinterfragen Sie also die Arbeitsverhältnisse Ihrer “extra” Mitarbeiter und achten Sie darauf, dass die Grenzen zur Scheinselbständigkeit klar gezogen werden, um rechtlich auf der sicheren Seite zu stehen.

Haben Sie schon Erfahrungen zum Thema gemacht? Wir sind gespannt auf Ihren Kommentar!

Stephanie Fischer
Stephanie Fischer
Stephanie Fischer
Stephanie betreut als Digital Marketing Expertin die Online Kommunikation von everbill. Die studierte Geisteswissenschaftlerin ist ansonsten Freelancerin und kennt die Höhenflüge - aber auch die Herausforderungen - die die Selbständigkeit mit sich bringt.

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