Der Fotograf Manfred Baumann hat es geschafft. Mit Talent, Ausdauer und einer Prise Glück ist er Österreichs Aushängeschild. Im Interview mit everbill zoomen wir das Objektiv auf seine Laufbahn als Unternehmer, aber auch sein Werdegang als Künstler kommt nicht zu kurz:
Manfred spricht u.a über:
- Seinen Werdegang
- Seinen Entscheid zur Selbständigkeit
- Förderungen bei Unternehmensgründung
- Die Herausforderungen als EPU
1. Zu deinem Werdegang: Wurde deine schon immer da gewesene “Berufung” zum Beruf? Oder bist du zufällig in die Fotografie reingerutscht?
Ich bin nicht zufällig reingerutscht, aber es war nicht von Anfang an mein Beruf. Ich war zuvor Einzelhandelskaufmann beim Julius Meindl. Mit 10 Jahren schon habe ich meine erste Kamera vom Großvater bekommen. Das heißt, ich habe immer schon als Hobby bzw. Berufung die Fotografie gehabt und irgendwann den Entschluss gefasst, es beruflich zu machen.
2. Was war hier der ausschlaggebende Punkt zur Selbstständigkeit als Fotograf?
Ich war auf Urlaub und habe eine Biografie von Woody Allen und Helmut Newton gelesen. Ich wusste dann, dass ich selbstständig sein möchte und nicht für jemanden anderen arbeiten will.
3. Hast du dich gut informiert und Förderungen in Anspruch genommen? Oder ganz alleine den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt?
Ich war in diesem Prozess ganz alleine und wusste nicht über die Möglichkeiten Bescheid. Als Künstler ist es schwierig, bis man das Handwerkliche erlernt, und auch weiß in welche Richtung man gehen möchte. Das ist eine lange Entwicklungsphase, in der ich auch Nebenjobs gemacht habe, um mich über Wasser zu halten, weil ich vom Fotografieren alleine nicht leben konnte. Das Handwerk selbst hat auch noch nicht gepasst – geschweige denn die Richtung, in die ich gehen wollte. Das war mein Lernprozess, in dem sich alles entwickelt hat.
4. Von der Buchhaltung, Vertrieb, PR bis hin zum Marketing werden EPU mit allen Unternehmensbereichen (zwangs-) beglückt. In welchem sahst du hier die größte Herausforderung?
Marketing ist sehr wichtig, v.a. in meinem Beruf muss man das Gewohnte verlassen und anders arbeiten als die anderen. Es ist auch so – das sage ich immer auf meinen Vorträgen auf grafischen Schulen – dass die Welt keine Fotografen mehr braucht. Es gibt genug, jeder Zweite ist mittlerweile Fotograf. In Österreich ist es auch bald ein freies Gewerbe. Man muss eigentlich einem anderen Fotografen einen Job wegnehmen, oder eben anders sein als die Anderen. Marketing ist hier ausschlaggebend, rein nur das Handwerk zu beherrschen ist zu wenig.
5. Wurden dir auch extern Stolpersteine in den Weg gelegt? Seien sie durch den Staat, der SVA (verflixte 3. Jahr) oder durch Mitbewerber?
Ich hatte auf alle Fälle finanzielle Probleme, da ich ja keine fixen Kunden und fixes Einkommen hatte. Erst nach 10 bis 15 Jahren konnte ich gut davon leben. Zu Beginn habe ich von einem auf den nächsten Tag gelebt – das ganze Drumherum war etwas mühsam. Obwohl ich ja nach kurzer Zeit meiner Selbstständigkeit Österreich verlassen habe und nach Amerika gegangen bin. Dort war ich zwei Jahre lang und total pleite: Ich hatte zwei Möglichkeiten; entweder ich suche mir einen anderen Job oder ich komme wieder zurück. Mit dem letzten Geld, das ich noch hatte, bin ich wieder heimgekehrt. Wie in Österreich fast schon üblich, sagten dann alle “Poah, der war in Amerika” und die Auftragslage hat sich verbessert.
6. Wann kam dein Durchbruch als gefragter Fotograf? Und was war – neben deinem großartigem Talent – Schlüssel zum Erfolg? Bist du ein guter Stratege? Oder ein Ausnahmetalent, das das Glück hatte zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein?
Ich hab ziemlich viel Ausdauer bewiesen. Ich fotografiere jetzt über 25 Jahre, die ersten 5 bis 6 Jahre waren nicht das, was man sich vorstellt. Ich habe schon immer gewusst, dass man ein Ziel und einen guten Plan braucht. Meine kaufmännische Ausbildung war natürlich von Vorteil. Ich wusste immer schon, ich habe mein Ziel, einen Plan und die Ausdauer. Glücklicherweise ist es mir aufgegangen.
7. War dein Aufenthalt in Kanada und USA hier maßgeblich? Es gibt ja viele erfolgreiche Künstler, die sich erst woanders einen Namen machen müssen, um hier geschätzt zu werden.
Die Auftragslage hat sich verbessert. Ich war allerdings für die Kunst noch nicht so reif. Damals bin ich meiner Frau gelangweilt im Louvre in Paris nachgelaufen. Jetzt interessiert mich das Ganze, und ich versuche mit der Fotografie Geschichten zu erzählen und Inhalte widerzuspiegeln. Wie zum Beispiel meine Ausstellung über 100-Jährige, oder die aktuelle, in der ich Obdachlose vor der Linse hatte. Im deutschsprachigen Raum ist das generell so, wenn die ausländische Presse über einen schreibt, wird man mehr wahrgenommen.
8. Würdest du KünstlerInnen raten, ihr Glück erst mal im Ausland zu versuchen?
Der Vorteil ist, dass die Grenzen relativ offen sind. Das hängt natürlich davon ab, was man genau macht. Im österreichischen Musik Business ist es zum Beispiel ziemlich schwierig, etwas zu erreichen. Andere Märkte – andere Reichweite – das muss jeder für sich abstimmen, ob man woanders besser aufgehoben ist.
9. Warst du in Amerika willkommen?
Nein überhaupt nicht. Es war eine super Erfahrung, ich habe auch intensive Kontakte erhalten, die ich bis heute pflege. Der Stil ist jedoch ein ganz anderer. Ich bin mit meinem europäischen Stil dorthin gekommen, obwohl er nicht gefragt war. Ein Palmers-Plakat wäre in den Staaten undenkbar.
10. Mit dem zunehmenden Erfolg wird man den wachsenden Aufgaben eines EPU nicht mehr Herr. Wann war der Zeitpunkt, wo du die ersten MitarbeiterInnen eingestellt hast?
Ich differenziere hier Manager und Mitarbeiter für Buchhaltung usw.. Buchhalterisch habe ich schon relativ früh jemanden eingestellt. Auch die Akquise habe ich immer jemanden anderen machen lassen. So ein richtiges professionelles Management habe ich erst seit den letzten 10 Jahren.
11. Was steckt hinter deinem lang anhaltenden Erfolg? Das große Interesse an deiner Person schien nie abzuflauen, scheint wie eine Konstante zu sein. Können wir daraus schließen, dass du ein zudem ein guter Netzwerker bist?
Nerzwerken, auch im WWW, ist sehr wichtig und ich habe Leute, die das pflegen. In der Öffentlichkeit rund um meine Person gibt es zwei Parteien, die eine kennt die Person Manfred Baumann besser, und die anderen kennen meine Arbeit besser.
12. Ist deine öffentliche Präsenz im Fernsehen bewusste PR-Strategie oder reines Vergnügen?
Teils, teils. Aber schon mehr PR. Ich bin da, im Gegensatz zu meiner Frau, nicht so der Party-Freund. Aber wenn man bei einem Werbepreis eingeladen wird, gehe ich selbstverständlich hin. Dann gibt es auch Dinge, dich ich wirklich gerne mache, wie zum Beispiel Promi-Skifahren; denn wann hat man die Ehre mit Franz Klammer skizufahren? Auch beim Promifußball war es super, von Hans Krankl trainiert zu werden. Aber ich möchte natürlich vorrangig mit meiner Arbeit glänzen.
13. Wie sieht dein Alltag aus? Auf wie viele Arbeitsstunden pro Woche kommst du? Wie viele Personen unterstützen dich heute?
Arbeiten tue ich locker 80 Stunden pro Woche, es gibt kein Nicht-Arbeiten. Wenn ich aufstehe, fahre ich den Computer hoch, gehe noch schnell mit dem Hund Gassi und dann beantworte ich Mails und bearbeite Bilder. Dann gibt es selbstverständlich noch die Shootings selbst, Workshops und Vorträge. Auch wenn ich am Wochenende ins Kino gehe, sehe ich den Film in Bildern, habe immer Ideen im Kopf. Dazu bin ich auch mit dem Mobiltelefon immer mit der Arbeit verbunden. Mich unterstützen neben “Foto-Presenter” meine Agenten, Assistenten, Leute für den Aufbau – eine relativ große Gruppe. Es ist ein Privileg sein Hobby als Beruf zu haben, dessen bin ich mir sehr bewusst. Ich kenne auch viele Kollegen, die schwitzen, weil es mehr Fotografen als Nachfrage gibt.
14. Denkst du, dass Talent heutzutage ausreicht, von seiner Leidenschaft und Hingabe für eine Sache Leben zu können? Welche Fähigkeiten sollten sich Ausnahmetalente aneignen, um erfolgreich zu sein? Hast du Tipps für FreiberuflerInnen?
Talent alleine reicht nicht; es ist eine Komponente aus mehreren Bausteinen. Durch technisch perfekte Aufnahmen und Talent alleine wird man aber noch lange nicht gesehen. Man braucht ein gutes Team um sich herum, Leute die einen fördern, sichtbar machen. Und Glück, die richtigen Weichen erkannt zu haben. Manche Künstler werden früher, manche halt später entdeckt.
15. Was ist dein Ausgleich zum Beruf?
Mit meiner Frau urlauben wir in unserem Camper. Zum Beispiel waren wir mit Freunden in Kanada, Alaska und Australien 3 bis 4 Wochen unterwegs, fernab von allem. Obwohl man immer mehr WIFI findet. Sport versuch ich zu machen und ich zocke liebend gerne mit der X-Box. Da sitze ich 2 bis 3 Stunden und bin in einer anderen Welt und kann abschalten.
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